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15.12.2020 | 22:43

Parteiliche Deutung des Gesetzes

Parteiliche Deutung des Gesetzes

Die Praxis der Absetzung von Direktoren von Kulturinstitutionen nach einem Wechsel der lokalen Regierung in Serbien erlebte ihre Fortsetzung in den ersten Tagen des Monats Dezember in Šabac - einer der seltenen Städte, in denen an der Macht nicht die Serbische Fortschrittspartei (SNS) war. Da sie in der Zeit der Regierung der Demokratischen Partei an die Spitze des Theaters und des Museums gekommen waren, störten Milena Bogavac und Nela Tonković der neuen regierenden Mehrheit, auch wenn es sich bei den beiden Damen um eine preisgekrönte Dramaturgin bzw. Kunsthistorikerin handelt, die vortreffliche Ergebnisse in den Institutionen erzielt haben, die sie in den letzten zweieinhalb Jahren leiteten.

Das lokale Parlament beschloss, sie ihres Amtes zu entheben, indem es sich auf das Gesetz für Kultur berief, das die Möglichkeit der Absetzung eines Direktors vor Ablauf des Mandats vorsieht, aber auch präzisiert, in welchen Situationen dies in Frage kommt. Milena Bogavac und Nela Tonković wurden ohne irgendeine, auf Grund des Gesetzes vorgesehene Begründung abgesetzt. Ihre Positionen nahmen stellvertretende Direktoren ein – der Schauspieler Vladimir Vasilić im Theater der Stadt Šabac und die bildende Künstlerin Jovana Stojanac im Nationalmuseum.

Die Stadtversammlung von Šabac, die Begründer des lokalen Theaters und Museums ist, hatte bis jetzt keine Bemerkung zu ihrer Arbeit – weder eine schriftliche, noch eine mündliche.

Milena Bogavac und Nela Tonković hielten eine gemeinsame Medienkonferenz ab, um auf die Ungesetzlichkeit der Amtsenthebung hinzuweisen und zu unterstreichen, dass sie dies wegen ihres Verantwortungsgefühls gegenüber dem Publikum und allen Bürgern der Stadt Šabac, aber auch gegenüber der Gesellschaft im allgemeinen Sinne tun – um zu betonen, dass das Gesetz von allen respektiert werden muss und um Kollegen dazu anzuregen, jedes Mal zu reagieren, wenn etwas Ähnliches geschieht. Sie gemahnten, dass 2016 auf ähnliche Weise auch die Direktorin des Kulturzentrums in Požega, Slađana Petrović Varagić, eine angesehene Kulturhistorikerin und Kuratorin, des Amtes enthoben wurde, nachdem sie abgelehnt hatte, auf Forderung der neuen Regierung der Serbischen Fortschrittspartei ihr Amt nieder zu legen.

Die Amtsenthebung von Milena Bogavac und Nela Tonković rief heftige Reaktionen der fachlichen und allgemeinen Öffentlichkeit hervor.

Das serbische PEN-Zentrum bewertete, dass die Regierung in Šabac gezeigt hat, dass sie im wesentlichen Sinne nicht für die Qualität der Arbeit der Kulturinstitutionen interessiert ist, sondern schlechterdings zum Ziel hat, an die Spitze dieser Institutionen bewährten Parteikader zu stellen. Die Absetzung von Milena Bogavac und Nela Tonković ist „ein gefährlicher politischer Interventionismus in der Kultur, der das professionelle Niveau der Kulturinstitutionen und ihrer erzielten künstlerischen Ergebnisse gefährdet. Wegen solch einer Politik und Praxis sind wir immer weiter entfernt von guten Institutionen und europäischen Standards“, führte das serbische PEN-Zentrum an.

Die Assoziation Unabhängige Kulturszene Serbiens betonte, dass es sich um noch einen in einer ganzen Reihe von Vorfällen handelt, mit denen Gewalt über Kulturarbeiter, Künstler und ihre Werke ausgeübt wird.

„Dies ist noch ein Akt der Vetreibung von Künstlern und Kulturarbeitern, in diesem Fall durch politische Ungeeignetheit motiviert, die nicht ein legales Kriterium für die Absetzung von diesen Positionen sein kann. Die Kriterien sind Fachkundigkeit und Qualität in der Verrichtung der Arbeit und in diesem Fall wurde keine Beanstandung hervorgebracht“, betonte die Assoziation und forderte das Ministerium für Kultur und Information auf, sich diesem Verstoß gegen das Gesetz zu widersetzen und öffentliche Unterstützung für die Kolleginnen zu leisten, die ihre Aufgaben professionell und verantwortungsvoll erfüllt haben.

(SEEcult.org)

*Support: International Relief Fund of the German Federal Foreign Office, the Goethe-Institut, and other partners

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